02 - Meine Kinderstube ist auch Deine Kinderstube

 

»Was denn? Erzählt es mir.« Feilong verspürt immer noch Furcht, dass etwas Schlimmes passieren wird.

»Hey, hey. Du brauchst keine Angst zu haben«, beginnt die Oma. »Du verlässt gleich die Höhle, lernst fliegen, und dann fliegt ihr zu mir.«

»Zu dir nach Hause?« Feilong beruhigt sich langsam, ist aber immer noch verwirrt. Er starrt, noch immer von den Schuppenfarben fasziniert, auf Long Ziran.

»Du hast einige Zeit in dieser Höhle verbracht, um zu dem kleinen großen Drachen zu werden, der du jetzt bist«, fängt Long Ziran an und fährt fort: »Auf dich warten jetzt viele Abenteuer. Du wirst noch viele Drachen kennenlernen, deren Schuppenfarben du noch nie gesehen hast.«

Feilong schaut ihn an. »Woher wissen Sie, dass mich Ihre Schuppen irritiert haben?«

»Ich war auch mal ein kleiner Drache. Ich habe die ersten Jahre meines Lebens ebenfalls hier in dieser Höhle verbracht. Ich war damals völlig fasziniert, als ich das erste Mal einen Drachen mit blauen Schuppen sah.«

»Sie haben in dieser Höhle gewohnt?« Feilongs Verwirrung wird nicht besser.

Die Mutter ergreift das Wort: »Das wollte ich dir vorhin erklären, als Oma ankam. Diese Höhle dient uns Drachen dazu, unsere Kinder bis zu einem gewissen Alter wohlbehütet heranwachsen zu lassen. Viele von uns haben ihre ersten Jahre in dieser Höhle verbracht.«

»Du auch?«, hakt Feilong neugierig nach.

Die Oma schaltet sich ein: »Nicht nur deine Mutter, sondern auch ich habe hier meine Kindheit verbracht.«

»Papa auch?«

Die Mutter antwortet ihm: »Nein, dein Herr Papa hatte eine andere Kinderstube. Die feuchte Luft hier wäre ihm nicht gut bekommen. Du weißt ja, wie er immer leicht über die Feuchtigkeit hier meckert.«

Feilong schießt eine Erinnerung an seinen Vater in den Kopf. Sein Vater war einmal durch den Wasserfall gekommen und hatte sich jämmerlich darüber beschwert, wie nass es sei. Er hatte Feilong in den hinteren Teil der Höhle geführt, wo hinter einer Verkleidung ein riesiges Ding stand. Das Ding war rund und hatte mehrere Arme, die der Vater »Flügel« nannte. Das Ding selbst nannte er Ventilator.

Als der Vater es anpustete, begann es sich zu drehen und erzeugte einen angenehmen Luftzug. Der Vater zeigte ihm, wie er den Ventilator anpusten musste, damit er sich weiterdrehte. Dann stellte er sich mit ausgebreiteten Flügeln davor, um sich zu trocknen.

Nachdem Feilong eine Weile geübt hatte, bat der Vater ihn, ihn anzupusten, damit auch wirklich jede Schuppe trocken wurde. Anfangs war ihm die Luft zu kalt, doch irgendwann hatte Feilong auch das im Griff.

Feilong grinste und nickte: »Oh ja, ich weiß, wie Papa sich anstellen kann, wenn es zu feucht ist.«

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